Verzeichnis

 

Marx Arthur

Beruf(e): Zigarrenfabrikant, Kaufmann
Geburtsdatum: 06.08.1890
Geburtsort: Ingenheim
Sterbedatum (Todestag): 19.01.1979
Sterbeort: Argentinien
Wohnort(e): Landau in der Pfalz, Argentinien

Arthur Marx, am 06. August 1890 in Ingenheim geboren, hat als junger Mann fast vier Jahre als Soldat im 1. Weltkrieg gekämpft. Er heiratete am 25. Mai 1923 in Landau / Pfalz Lilly Weissmann, die am 25. Juli 1899 in Viernheim zur Welt gekommen war. Das Paar zog nach Landau / Pfalz. Hier betrieb Arthur gemeinsam mit seinem Schwager Wilhelm Dannheiser einen Tabak- und Rauchwarenhandel (Wo war der Handel war ist leider nicht bekannt). Das Geschäftsbüro befand sich in der Königstrasse 71, wo sich heute ein Supermarkt befindet.
 
In Landau wurden auch die beiden Kinder Hans (am 30. Juli 1924) und Edith (am 18. Februar 1926) geboren. Ihre Eltern erzogen die beiden Kinder voller Hoffnungen und mit guten Aussichten für ihre gelingende Zukunft.
 
Hans besuchte die Pestalozzi-Schule in Landau und Edith die Städtische höhere Töchterschule, heute das Max-Slevogt-Gymnasium. Im Januar 1930 zog die Familie in den zweiten Stock im Ostring 27. Da um die Jahrhundertwende die alte Festung geschliffen war, konnten in dieser Straße großzügige Häuser entstehen, die dem Handel genügend Platz schufen. Zusammen mit der Anbindung an das Industriegleis der Eisenbahn konnte hier ein Zentrum jüdischen Lebens, Arbeitens und Handelns wachsen.
 
Doch mit dem Jahr 1933 begannen sowohl die geschäftlichen als auch die sozialen Schwierigkeiten. Alltägliche Schikane setzten der Familie stark zu, die Nürnberger Rassegesetze schränkten das Leben immer weiter ein. Täglich wurde die Familie mit neuen Hindernissen und starker Abneigung konfrontiert. Und als jüdische Händler litten sie stark unter der Diskriminierung und dem von offiziellen Stellen geschürten Boykott durch die Bürger der Stadt. Auch die beiden Kinder, Hans und Edith, litten stark unter den Anfeindungen bis hin zu körperlichen Gewalttätigkeiten in der Schule und in ihrem Umfeld. Im August 1934 musste die Familie, auf Druck der „arischen“ Eigentümerin, die Wohnung im Ostring 27 verlassen. Sie zogen für kurze Zeit in das Haus des jüdischen Tabakhändlers Nathan Pfeiffer in der Ostbahnstraße 28a.
 
Ihnen wurde klar, dass unter diesen Umständen für Juden in Deutschland auf längere Zeit hin kein menschenwürdiges Leben mehr zu führen war.
Und doch, was für ein Widerspruch: Im gleichen Jahr 1934 wurde dem Kaufmann Arthur Marx im Namen des Führers und Reichskanzlers zur Erinnerung an seinen Dienst fürs Vaterland im 1. Weltkrieg, vom Reichspräsidenten Generalfeldmarschall von Hindenburg gestiftet, das Ehrenkreuz für Frontkämpfer verliehen!
 
Nach dem Tod von Felix Marx 1935 in Ingenheim konnten Arthur und seine Geschwister Sigmund/Siegfried und Sophie das Elternhaus dort verkaufen. Mit dem Erlös und mit viel Mut und Courage entschlossen sie sich auszuwandern, um weiteren Diskriminierungen und rassistischer Verfolgung zu entkommen. Es waren die Gefühle der Hilflosigkeit und der Entwurzelung, der Verbitterung und der Melancholie, aber auch die Furcht vor dem Unbekannten, welche die zur Emigration Gezwungenen begleitete, als sie Deutschland verließen.
 
Nach vielen Überlegungen entschlossen sie sich nach Argentinien auszuwandern. Dorthin war der jüngste Bruder Hugo bereits ausgewandert. Dort arbeite und lebte er. Doch bevor die Ausreise bewilligt wurde, waren diverse Papiere notwendig: Die Ausreisegenehmigung, „Llamada“, die Bruder Hugo ihnen besorgen konnte. Sie besagt, dass im Oktober 1935 in Stuttgart die Auswanderung genehmigt wurde. Außerdem mussten sie sich vom Finanzamt bestätigen lassen, dass die Ausreisenden nichts schuldig geblieben sind. Und nach der Vorlage des polizeilichen Führungszeugnisses und der Bezahlung der „Reichsfluchtsteuer“ in Höhe von 25 % des Vermögens konnte es endlich losgehen.
 
Ab Hamburg ging es dann für Arthur und seine Familie 1935 mit dem Schiff Richtung Süden. Mit ihnen reiste auch Lieselotte Dannheiser, die Tochter ihrer Schwester Sophie. Ihre Eltern, die immer noch hofften, dass es nicht so schlimm werden würde, wollten sie jedenfalls in Sicherheit wissen, war Lieselotte doch auf dem Schulweg durch einen gezielten Steinwurf schwer verletzt worden. So ging es für die fünf ausreisenden Personen voller Emotionen und Erwartungen in das weit entfernte Argentinien. Sie reisten mit wenig Gepäck in ein ganz unbekanntes Land mit fremder Sprache, Kultur, Geschichte, Geographie und Gewohnheiten. Argentinien war ein Einwanderungsland und zu dieser Zeit wirtschaftlich sehr gut positioniert. Toleranz und Offenheit hatten Priorität und machte vieles möglich. Alle diese positiven Aspekte gaben ihnen Mut und Energie, um mit viel Zuversicht ihr neues Leben dort zu versuchen. Doch war dies kein leichtes Unterfangen. Das Leben im Exil war hart und man lebte bescheiden, sozusagen von einem Tag zum anderen.
 
Die erste Station im neuen Land war Tres Arroyos in der Provinz Buenos Aires. 1936 folgten ihnen hierher die Geschwister Siegfried und Sophie mit ihren Familien. Später finden wir Nachricht von ihnen aus Cipoletti in der Provinz Rio Negro. Der einstige Tabakhändler Arthur Marx musste sich als Vertreter für Körperpflegemittel durchkämpfen. Mühselig musste er seine Kunden im Land mit öffentlichen Verkehrsmitteln besuchen. Doch es gelang ihm nicht, hier in Argentinien richtig Fuß zu fassen.
 
Da in Patagonien die Ausbildungs- und Arbeitsmöglichkeiten sehr gering waren, schickten die Eltern ihre beiden Kinder Hans und Edith – unterstützt durch den deutschsprachigen jüdischen Hilfsverein – allein nach Buenos Aires, wo Hans den Abschluss als Elektrotechniker machen konnte.
 
In all der Zeit hat die Familie niemals ihre geliebte Heimat vergessen. Trug doch Arthur stets ein Bild bei sich, welches das Innere der Synagoge in Ingenheim und den dortigen Kantor Mandel abbildete. Auch hatte er sein Namensschild aus Landau als eines der ganz wenigen Gegenstände hierher mitgenommen. Er und seine Geschwister sorgten dafür, dass ihre Sprache und ihr Kulturgut an die nächsten Generationen weitergegeben wurden. So besuchten die Enkel die deutsche Schule, die Pestalozzi-Schule, die damals in Buenos Aires von Freidenkern, Demokraten und Verfolgten für deutschstämmige Kinder gegründet worden war. Auch entstanden neue Wohngebiete, in denen sich alle deutschen emigrierten Juden niederließen und ihre Religion und ihre Kultur dort weiterlebten. So wuchs unter ihnen ein Gefühl der Zusammengehörigkeit mitten in der Fremde.
 
Hans Marx und seine Schwester Edith heirateten in Buenos Aires. Ihre Ehepartner stammten aus Familien, die, wie sie selbst, der Nazi-Diktatur und den schlimmen Verfolgungen durch die Emigration entrinnen konnten. Hans heiratete Rut Lea Kogan, die am 16. Juli 1932 in Breslau zur Welt kam. Edith ging am 15. Januar 1948 die Ehe ein mit Wolfgang Braun, der am 01. Februar 1924 in Wuppertal-Elberfeld geboren wurde.
 
Im Alter von 72 Jahren konnte ihr Vater Arthur Marx zusammen mit seiner Frau Lilly 1962 von Cipoletti zu den Kindern nach Buenos Aires übersiedeln. Arthur Marx starb am 19. Januar 1979 und seine Ehefrau Lili am 03. Mai 1987 in Buenos Aires.
 
Der älteste Sohn von Hans Marx und Rut Kogan: Der Geschäftsmann Jorge Felix (geb. 30. November 1952 in Buenos Aires) trägt als zweiten Namen in Erinnerung an den Urgroßvater Felix (Feisel). Er ist verheiratet und hat zwei Kinder: Agustina lebt in Deutschland und der Sohn Alesandro lebt mit seiner Familie in Buenos Aires.
 
Zwischenzeitlich hat das demokratische Deutschland deutliche Signale gesetzt, die Voraussetzung waren, Aktionen der Versöhnung voranzubringen. So wurden mit der Einweihung des Frank-Löbschen Hauses in Landau / Pfalz und der dort untergebrachten Dauerausstellung „Geschichte der Juden in Landau“ neben vielen anderen auch die Geschwister Hans Marx und Edith Braun mit ihren Ehegatten zur Einweihung eingeladen. Diese „Woche der Begegnung“ erlaubte nach langer Zeit eine Wiederbegegnung mit der alten Heimat. Mit gemischten Gefühlen reisten die Geschwisterpaare nach Landau. Durch die bei der Begegnung neu entstandenen Kontakte kam auch Sohn Daniel und seine Frau Vilma auf Einladung des Förderkreises des Frank-Löbschen-Hauses nach Landau. Hier hatte Daniel die Gelegenheit seine Wurzeln und seine Familiengeschichte mit all ihrem Umfeld zu erkunden. Nun leben Daniel Marx und seine Ehefrau schon über ein Vierteljahrhundert in seiner „Heimatstadt“.
 
Am 09. März 2017 waren Daniel Marx und Vilma Altamirano zusammen mit der Nichte Agustina und deren Tochter Lara Zeugen der Stolpersteinverlegung für „Arthur, Lilly, Hans und Edith Marx“ vor dem Haus im Ostring 27 in Landau, ein Beweis für die Erinnerung und Anerkennung all jener, die schwer unter der Intoleranz und Verfolgung durch die NS-Diktatur haben leiden müssen.
 
Weitere Informationen über die Familie Marx siehe auch unter Felix Marx, Hugo Marx, Sigmund genannt Siegfried Marx, Sophie Dannheiser, Hans Marx und Edith Braun.
 
 

Verwandtschaft

Ehemann von: Marx Lili
Sohn von: Marx Felix
Vater von: Marx Hans (Juan)
Vater von: Braun Edith Rosa Ruth
Sohn von: Marx Rosa
Bruder von: Marx Hugo
Bruder von: Dannheisser Sophie
Bruder von: Marx Sigmund Siegfried
Bruder von: Jakob Lieselotte
Großvater von: Marx Daniel Roberto

Haus

Bewohner/in: Kirchstraße - Ingoplatz