Friedhof - Damals
Der Friedhof im Zäberling in Ingenheim gibt Einblick in das jüdische Leben vor Ort. Seine Grabsteine sind ein Spiegel der Gemeinden, deren Mitglieder hier seit etwa 1684 beerdigt wurden. Sie geben Auskunft nicht nur über die Lebensdaten, sondern auch über die reiche Geschichte jüdischen Lebens in Ingenheim und den umliegenden Gemeinden.
 
 

der Friedhof damals

Einst lag der Friedhof weit außerhalb des Ortes, was seinem Charakter als kultisch-unreinem Ort entspricht. Der vorhandene Sandboden war für den Ackerbau wenig geeignet und so wurde der Landerwerb für die Kultusgemeinde erschwinglich.

Bis 1684 haben die Ingenheimer Juden sich an der Unterhaltung des Friedhofs in Annweiler beteiligt, was darauf zurückschließen lässt, dass ihre Kultusmitglieder auch hier beigesetzt wurden. Da die Ingenheimer Gemeinde stetig anwuchs, der Weg nach Annweiler sehr weit war und die Transportkosten, vor allem auch die Wegzollgebühren, beträchtlich zu Buche schlugen, wird die Entstehung eines eigenen Friedhofes in diese Zeit anzusetzen sein.

Das ursprüngliche Areal wird hauptsächlich dem "Berg Sinai", wie er im Volksmund genannt wird, entsprochen haben, eine künstlichen Aufschüttung, die entweder von einem alten Burgstall herrührt bzw. durch Übereinanderbestattung zustande kam. Schon bald reichte der Platz nicht mehr aus, so dass die Kultusgemeinde von dem Herren Christoph von Gemmingen weiteres Gelände für 227 Gulden für eine Friedhofserweiterung erwarb.

Die Kultusgemeinde Ingenheim wuchs im 19. Jahrhundert an und die umliegende Ortschaften Heuchelheim, Klingen, Göcklingen, Klingenmünster, Pleisweiler, Bergzabern und Billigheim nutzten die relativ kurzen Wege nach Ingenheim und bestatteten hier ihre Toten. So musste der Friedhof wiederum erweitert werden. Laut Privatakt vom 17. September 1817 verkaufte Isaak Bär um 176 fl seinen Acker PlNr. 3467 an die Kultusgemeinde. Dies taten ebenso am 12. März 1816 Georg Jakob Donauwürth und etwa um die gleiche Zeit Georg Musial Geiger um 124 fl (PlNr. 3469).

Als in Ingenheim die Zahl der jüdischen Mitbürger auf 619 angewachsen war, erfuhr der Friedhof 1858 noch einmal eine Erweiterung durch Ankauf, finanziert durch die politische Gemeinde und einigen Schenkungen.

Sowohl die Herren von Gemmingen als auch die politische Gemeinde Ingenheim profitierten von den jüdischen Beisetzungen. Kostete die Bestattung im 17./18. Jahrhundert 1 fl für ein Kind und 2 fl für einen Erwachsenen, so stiegen die Kosten im 19. Jahrhundert auf 3,50 fl und später auf 4 fl für die Ortskasse an.

Zur Unterhaltung und zur Einfriedung der Begräbnisstätte wurden die acht oben bezeichneten Ortschaften finanziell mit herangezogen.

Der Begräbnisplatz umfasst ca. 9.000 qm. Einst standen hier wohl ca. 2.500 Grabsteine.
In der NS-Zeit wurde der Friedhof im November 1938 geschändet und große Teile der Grabsteine umgestürzt. Auch wurde später auf einem Teil nach Sand gegraben.

Im Herbst 1939 bis Frühjahr 1940 wurden auf dem Friedhof durch die örtliche Lehrerschaft gemeinsam mit ihren Schülern im Auftrag der Schulleitung Maulbeerbäume gepflanzt zur Seidenraupenzucht, um daraus Fallschirmseide zu gewinnen. "Dies geschah auf dem ältesten Teil, mit Gestrüpp total überwuchert, worunter sich noch verwitterte Reste von ehemaligen Grabsteinen befanden. Dadurch sei keine Schändung geschehen, sondern im Gegenteil dem Friedhof ein besseres Aussehen verliehen worden!" So die Gerichtsaussage eines an der Aktion Beteiligten.

Nach Kriegsende wurden 1950 etliche Steine im Rahmen einer Bestrafungsaktion durch die Alliierten von ehemaligen Parteigenossen wieder aufgerichtet (wobei teilweise Inschriftentafeln aus Unkenntnis verkehrt herum eingesetzt wurden).

1970 wurde auf dem Friedhof Emma Moritz beigesetzt, die 1969 aus Illinois USA zurückgekehrt im Krankenhaus Neustadt verstorben ist.
Die letzte Beerdigung galt Fritz Siegel, der 1978 verstorben ist und in Ingenheim unter großer Beteiligung der Bevölkerung und des MGV Ingenheim zu Grabe getragen wurde.