Friedhof - Heute
Da heute keine Juden mehr in Ingenheim leben ist es enorm wichtig, die Daten und Namen auf den Grabsteinen zu erhalten, damit sie, die einmal unsere Mitbürgerinnen und Mitbürger waren, im Gedächtnis auch für die kommenden Generationen bewahrt bleiben. Schließlich waren sie ein fester Bestandteil unserer heimatlichen Geschichte und Kultur.
 
 

der Friedhof heute

בית עולם  - Bejt-Olam - Stätte der Ewigkeit,
so steht es am Eingang des jüdischen Friedhofes in Ingenheim. Doch die jüdische Tradition hat noch andere Namen für diese Ruhestätte:
בית הקברות  - Bejt-Ha'Kwarot - Stätte der Gräber
בית החיים  - Bejt-Ha'Chajim - Stätte des Lebens
 מקום טוב - Makom tov - Gut-Ort
 
Diese Bezeichnungen belegen eindeutig, dass die jüdischen Friedhöfe mit ihren Gräbern eben auf Ewigkeit angelegt sind. Der jüdische Friedhof ist "Heimat für die Verstorbenen und deren Nachfahren". Darum gibt es auch keine aufgelassenen Friedhöfe, er ist und bleibt die Stätte, das Haus der Ewigkeit und zwar für allezeit!
 
Jüdische Friedhöfe sind eigentlich leicht zu erkennen. Der jüdische Friedhof in Ingenheim ist das Einzige, was von dem einst blühenden Leben und der wechselreichen Geschichte jener großen jüdischen Gemeinde noch übrig geblieben ist. Von den Inschriften auf den noch vorhandenen Grabsteinen können wir erfahren, wie weit über 250 Jahre hin die jüdische Bevölkerung in wachsender Kontinuität auch als gestaltendes und das Dorfgeschehen beinflussendes Element das Leben in Ingenheim geprägt hatte. Wir werden hier gewahr, dass die Ingenheimer Juden sich eben in ihrem Ort Ingenheim zu Hause gefühlt und hier ihr Leben gestaltet und sich ihre Zukunft ausgemalt haben. So steht hinter jedem Grabstein eine Geschichte, die aufs engste mit dem Alltag und auch dem Schicksal der gesamten Gemeinschaft verbunden war.
Da heute keine Juden mehr in Ingenheim leben ist es enorm wichtig, die Daten und Namen auf den Grabsteinen zu erhalten, damit sie, die einmal unsere Mitbürgerinnen und Mitbürger waren, im Gedächtnis auch für die kommenden Generationen bewahrt bleiben. Schließlich waren sie ein fester Bestandteil unserer heimatlichen Geschichte und Kultur.
 
Der jüdische Friedhof Ingenheim spiegelt nun nicht nur das Leben und die Geschichte der einstigen Ingenheimer Juden wieder, sondern als Verbandsfriedhof weitet sich der Blick auch auf die umliegenden Ortschaften.
 
Durch die erhaltenden Inschriften erfahren wir etwas von dem, was den jüdischen Menschen wert und wichtig war. An den sich stets wandelnden und der jeweiligen Zeit anpassenden Grabsteingestaltung können wir auch erkennen, wie im Laufe der Zeit eine gewisse Assimilation an die christliche Sepulkralkultur stattgefunden hat. Aus den anfänglich einfachen und gleichförmigen Stelen, die auf das religiöse Ideal der Schlichtheit hindeuten und die Gleichheit aller Menschen im Tode symbolisieren, schritt die Entwicklung kontinuierlich weiter. Barocke Elemente, wie Fruchtgehänge, Voluten und Roncaillewerk bereichern die Grabsteingestaltung. Die Renaissance hinterließ ihre Spuren. Die Tendenz setze sich fort zu immer größeren und prächtigeren Grabmalen. Dazu trat eine reich ausgebildete Ornamentik. Die Symbole haben ihre ganz eigene Sprache und lassen uns Einblick nehmen in die Welt des Verstorbenen. Die Texte werden immer umfangreicher. Die Gestaltung der Grabsteine öffnet den Künsten der Bildhauer ganz neue Wege: Grabsäulen mit Ehrenzeichen, Obelisken als Ehrenbezeugung und Symbol des ewigen Lebens, Grabaltäre oder wunderbar gestaltete Ädikulen, Baumstümpfe als Bildnisse für all zu früh abgebrochenes Leben, Eichenbäume als Zeichen der Verwurzelung der Juden und ihres Patriotismus, neugotische Steine mit wunderbarem Maßwerk oder gar maurische Grabmale mit ihrem unendlichen Rapportmuster und dem hufeisenförmig geformten Bogen, bis hin zu den Grabsteinen des 20. Jahrhunderts aus poliertem Granit im Jugendstil u.a.m... An der eigentlich nur im sephardischen Bereich üblichen Grabplatte der Familie Emil und Fritz Siegel, zeigt sich deutlich, wie sich die Friedhofsgestaltung am Zeitgeist orientiert. All das belegt an die ungeheure Vielfalt und beeindruckende Sepulkralkultur, die auf dem Ingenheimer jüdischen Friedhof ihren Niederschlag gefunden hat.
 
Das hohe Niveau der Steine auf diesem Friedhof ist sicherlich damit zu erklären, dass man einen regen Austausch mit dem nahem Landau pflegte und von der hoch qualifizierten Kunst der in Landau und Bad Bergzabern ansässigen Bildhauerdynastien Würschmitt, Sanwald, Behret und Bodem und Honeck profitierte.