Verzeichnis

 

Zapf Elisabeth

Mädchenname: Willinger
Geburtsdatum: 30.12.1917
Geburtsort: Wissembourg
Sterbedatum (Todestag): 31.08.2007
Sterbeort: Ingenheim

Elisabeth Zapf, geb. Willinger wurde am 30. Dezember 1917 als Tochter des Protestanten Gustav Willinger und seiner jüdischen Frau Rosa geb. Kahn in Weißenburg geboren. 1918 zog die junge Familie nach Ingenheim, wo Gustavs Vater Jakob Willinger in der Zigarrenfabrik Fried als Zigarrenmachermeister Arbeit gefunden hatte. Gustav eröffnete in der Ochsengasse eine eigene kleine Zigarrenfabrik, in der er etwa zehn Arbeiterinnen und Arbeiter beschäftigte.

Elisabeth beendete nach sieben Jahren mit dem Volksschulabschluss ihre Schulzeit. Doch nach einem freiwilligen Schuljahr in Landau war es ihr als Jüdin versagt, eine höhere Schule zu besuchen. Jetzt nach der Machtergreifung war es ihr auch nicht mehr möglich einen Beruf zu ergreifen. Sie begann eine Lehre in einem jüdischen Schuhgeschäft in der Hauptstraße. Diese musste sie aber abbrechen, da die Inhaber nach USA auswanderten. Was blieb, war die Anstellung als Haushaltshilfe bei der jüdischen Kaufmannsfamilie Max Marx, bis auch der gerade noch rechtzeitig die Auswanderung gelang.

Am Morgen des 10. November 1938 erfuhr Elisabeth von ihrer Mutter, dass die Synagoge in Brand gesteckt worden war. Trotz verständlicher Angst brachte sie den Mut auf, vom Appenhofener Berg aus mit einem gehörigen Sicherheitsabstand dieses Schreckensbild mit anzusehen. Bald darauf kam Max Marx, der mit seiner Familie in der oberen Hauptstraße bei Schneider Karl Frey seit vielen Jahren in Untermiete wohnte, ohne seine lebenswichtigen Brillen nach Hause. Sie waren nötig wegen seiner extremen Kurzsichtigkeit. Nun waren sie zerbrochen, da man ihn kurzer Hand in die brennende Synagoge geworden hatte, als er sich informieren wollte, was dort geschehen war.

Überall wurden an diesem Tag die jüdischen Wohnungen gestürmt und demoliert, was zu zerstören war. Elisabeth sah von der Marx'schen Wohnung aus wie im Nachbarhaus bei Dr. Jeremias alle möglichen Gegenstände und Lebensmittel aus dem Haus auf die Straße geworfen wurden. Die pöbelnde Meute kam auch zu den Willingers in die Ochsengasse. Aber die derzeit einquartierten Westwallarbeiter (die doch nach dem Krieg immer für die Plünderungen verantwortlich gemacht wurden!) verhinderten durch ihr Einschreiten die Zerstörung der Wohnung.

In den nächsten Tagen erfolgte der Abtransport der jüdischen Männer und Frauen über den Rhein hinüber. Elisabeth gelangte nach Mannheim und fand Unterschlupf zuerst bei einer Cousine ihres Vaters. Dann stellten ihr Ingenheimer Juden eine Schlafgelegenheit zur Verfügung. Durch tatkräftige Mithilfe im Haushalt konnte sie zu ihrem Lebensunterhalt beitragen.

Nach Ingenheim zurückgekehrt bemühte sie sich um Ausreisepapiere, um auch wie die vielen, die es noch konnten, auszuwandern. Doch die notwendigen Papiere wurden nicht fertiggestellt. So nahm sie ihre Arbeit in der Zigarrenfabrik ihres Vaters auf.

Doch die anti-jüdischen Gesetze machten dem Leben unglaubliche Schwierigkeiten. Der Vater - obwohl Protestant und daher Arier - hatte schwerste finanzielle Einbußen hinzunehmen, da er - verheiratet mit einer Jüdin - zwar nichts von seinen Zigarrenwaren verkaufen durfte, dennoch allen seinen Arbeitern den Broterwerb bei ihm sicheren musste.

Mit Anordnung 7. Januar 1942 - Betreff: Kennzeichnung der Juden; hier Willinger Rose Sarah geborene Kahn und deren Tochter Willinger Elisabeth - wurden beide gezwungen, den Judenstern zu tragen. Es wurde ihnen verboten, die Wohngemeinde ohne schriftliche Erlaubnis zu verlassen. Auch mussten sie den Vornamen 'Sarah' annehmen und sie waren allen beschränkenden Judenbestimmungen unterworfen. Es half Elisabeth nichts, dass sie am 19. August 1939 die jüdische Religionsgemeinschaft (um der Freundschaft ihres späteren Mannes willen) verlassen hatte. Sie fiel dennoch unter die 1. Verordnung zum Reichsbürgergesetz von 14. November 1935 und wurde somit mit allen Rechtsfolgen den Juden zugerechnet - und zwar endgültig.

Am 4. März 1945 wurde Gustav Willinger ins Arbeitslager Dannstadt abtransportiert. Ihm gelang - was die Familie nicht erfahren hat - die Flucht. Er versteckte sich bei Bekannten in Schwetzingen. Später fand er Unterschlupf bei Freunden in Landau, bevor er nach Ingenheim zurückkehren konnte. Er, der hervorragende Sänger und begabte Tenor musste seinen Lebenstraum Opernsänger zu werden begraben: sein Studium am Konservatorium in Karlsruhe musste er abbrechen, da er keine Anstellung am Theater bekommen hätte, weil er nicht bereit war, sich von seiner jüdischen Frau scheiden zu lassen.

Am 9. März 1945 wurden Elisabeth und ihre Mutter nach Neustadt/W in den dortigen Gestapogefängniskeller deportiert. Von dort aus erreichten sie unter unmenschlichen Bedingungen in einem Viehtransport das Durchgangslager Theresienstadt. Hier hatte erst vor kurzem die Gestapo einen Teil auf Hochglanz polieren lassen, um einem dänischen Rot-Kreuz-Team eine "Idylle" vorzugaukeln, um sie glauben zu lassen, dass "der Führer den Juden eine Stadt geschenkt" hat. Doch auch hier vollzog sich das ganze Grauen der Nazi-Doktrin, die für die "Schädlinge des Volkes" eine Endlösung erdacht hatte.

Elisabeth meldete sich freiwillig als Krankenpflegerin zur Behandlung von TB- und Typhus-Kranken. Doch sie wurde angesteckt und überlebte nur, weil ein "helfender Engel" ihr zur Seite stand und Elisabeth aufopferungsvoll pflegte. Nach der Befreiung durch die Russen musste sie erst wieder das Leben erlernen, so ausgemergelt und krank war sie gewesen.

In einem Rot-Kreuz-Bus konnte sie und ihre Mutter Rose, begleitet von einem Amtsarzt aus Neustadt, in die Heimat nach Ingenheim zurückkehren. Ganz im Gegensatz zu einigen ihrer Verwandten: zwei Schwestern ihrer Mutter (Bella und Klara Kahn) wurden in Auschwitz ermordet.

Elisabeth heiratete am 20. Oktober 1945 endlich ihren Walter August Zapf. Mit ihm traf sie sich schon lange unter äußerster Vorsicht meist am Abend in der Laube einer befreundeten christlichen Familie, die schützend ihre Hand über dem jungen Glück hielt. Sie wurde ein engagiertes Mitglied des evangelischen Frauenkreises Ingenheim. Doch über ihre schrecklichen Erlebnisse konnte sie - mit ganz wenigen Ausnahmen - mit niemanden sprechen. Sie hatte bis zuletzt, wenn sie von diesen fürchterlichen Erfahrungen geredet hat, immer diese geheime Angst, dass dies ein Nachspiel haben könnte.

Am 31. August 2007 verstarb diese aufrechte Frau und Mutter im Krankenhaus Bad Bergzabern.

Verwandtschaft

Tochter von: Willinger Rosalie

Haus

Bewohner/in: Bergzaberner Straße 26
Bewohner/in: Hauptstraße 2