Verzeichnis

 

Jeremias Paul Isaak

Geburtsdatum: 24.06.1891
Geburtsort: Ingenheim
Sterbedatum (Todestag): 25.06.1950
Sterbeort: New York
Wohnort(e): Landau in der Pfalz, Mannheim, New York

Bereits die Vorfahren von Dr. Paul Jeremias wohnten in Ingenheim. Und so sind auch alle Familienangehörige von ihm hier zur Welt gekommen:
Paul Isaak Jeremias selbst am 24. Juni 1891, seine Ehefrau Helene (geb. Deutsch) am 19. August 1894, Sohn Wolfgang (Martin) am 02. September 1919 und Tochter Elisabeth (Auguste) am 21. August 1921.

Paul wuchs in Ingenheim auf. 

Sein Medizinstudium führte ihn nach Würzburg. Hier meldete er sich freiwillig zum Wehrdienst anlässlich des 1. Welt-Krieges. Am 20. Oktober 1914 ist er als cand. med. beim Ersatz-Bataillon des 3. königlich-bayerischen Fußartillerieregiment als Sanitäter eingerückt und am 22. Dezember zum Sanitätsgefreiten ernannt. Wenig später wurde er beurlaubt. 

Erst am 19. April 1915 kehrte er jetzt als Feldunterarzt zum Militär zurück und hat seinen Dienst bis zum 24. August 1916 dort versehen. 

Gleich nach dem Krieg heiratete er am 26. Juni 1919 Helene (geb. Deutsch), Tochter des Landesproduktenhandelsmann Abraham genannt Albert Deutsch und dessen Frau Cölestine (geb. Marx). Ihnen wurden zwei Kinder geboren, der oben erwähnte Sohn Wolfgang (Martin) und die Tochter Elisabeth.

Der promovierte Arzt übte seinen Beruf in Ingenheim aus. Die Wohnung befand sich im Hause seines Vaters, dem Kaufmann Benjamin, in der Hauptstraße Nr. 7.

Jakob Beiner, geb. 1897, fungierte als Chauffeur von Dr. Jeremias. Es ist in Yad Vashem bekannt, dass er und Dr. Jeremias mit dem Beiner'schen Taxi Juden nach Frankreich/Elsass transportiert und damit erst einmal gerettet hatten. Dafür wurde J. Beiner in Yad Vashem auf einer Tafel für gute Menschen verzeichnet. Als "Strafe" sozusagen für dieses Engagement wurden Jakob Beiner und Dr. Paul Jeremias am 3. August 1933 unter dem Vorwand Erste-Hilfe leisten zu sollen, entführt. Man verbrachte die beiden ins Wellbachtal, wo sie an unterschiedlichen Stellen ausgesetzt wurden. Voneinander getrennt gelang es später beiden mit Hilfe der Rinntaler Bevölkerung nach Ingenheim zurückzukehren, wo man ob der Entführung in helle Aufregung versetzt war. 

Denn über Dr. Jeremias gibt es viel Gutes zu berichten: Die Ärmsten der Armen soll er umsonst behandelt haben. Von anderen soll er nur Honorar eingefordert haben, nachdem sie gesund geworden waren. Und den Kindern der armen Leuten hat er kleine Geschenke übergeben oder Spielsachen mitgebracht.

Im November 1937 zog er mit seiner Frau nach Landau in den Ostring 28 und übernahm dort die Arztpraxis des ausgewanderten Dr. Rudolf Weil. 

Wenige Tage vor dem Umzug der Eltern von Ingenheim nach Landau war die Tochter Elisabeth nach Konstanz gegangen. Allerdings kehrte sie schon im März 1938 von dort wieder zurück und lebte nun in der elterlichen Wohnung in Landau. 

Sohn Wolfgang war 1936 als17-jähriger von Ingenheim nach Florenz emigriert. Er hat zwar nicht in Landau gelebt, war aber wie sein Vater, noch während der Zeit in Ingenheim Mitglied im hiesigen Jüdischen Turn- und Sportverein. 

Später hatte Wolfgang seinen Wohnsitz nach Mailand verlegt, von wo aus er sich einen Platz für die Überfahrt am 2. Februar 1939 nach USA besorgt hat, die Fahrt allerdings nicht antrat. 

Der Student Wolfgang emigrierte dann am 15. März 1939 von Cherbourg aus mit der "SS Europa" in die USA. Dort wohnte er bei seinem Onkel Benedikt Deutsch und dessen Familie in New York West 178th Street. Später wohnte er dann in Rockaway, Morris New Jersey / Massachusetts, wo er am 11. September 1990 verstorben ist.

In der Reichspogromnacht zum 10. November 1938, als Polizei und SS die arbeitsfähigen, männlichen Juden in "Schutzhaft" nahmen, gehörte Paul Jeremias zu denjenigen, die im jüdischen Betsaal in der Schützengasse 4 in Landau festgehalten wurden. Zusammen mit dem Zahnarzt und Pfälzer Mundartdichter Dr. Eugen Fried wurde er in einen Raum gesperrt, von wo aus sie hörten, wie der herzkranke Weinkommissionär Salomon Wolff aus Böchingen so schwer misshandelt wurde, dass er starb und wie seine Leiche weggeschafft wurde. Auch Paul Jeremias wurde wenig später von einem SS-Mann mehrfach ins Gesicht geschlagen. 

 Dr. Eugen Fried, gebürtig aus Ingenheim, Zahnarzt in Landau, später in Straßburg lebend, machte am 27. September 1948 folgende Aussage:
"Ich möchte eine Aussage zu dem Mord Salomon Wolff Böchingen (bei Landau) machen. Ich bin einer der wenigen Überlebenden, die diese Sache aus nächster Nähe betrachten konnten. Ich hatte einen schweren Ohnmachtsanfall an jenem Tage und wurde mit dem heute in Amerika lebenden jüdischen Arzt Dr. Paul Jeremias, Landau, deshalb separat in ein kleines Zimmer gelegt, das dicht neben dem Zimmer lag, in dem in jener Schreckensnacht die Leiter der Aktion Jakob B. Ilbesheim bei Landau und die Chefs der Gestapo, Kreisleiter Wilfried Lemmel usw. 'wirkten'.
Ich hörte dabei (es war wohl zwischen 11 und 12 Uhr nachts) folgendes, was man zu dem in dieses Zimmer geholten Wolff sagte: "Saujud, sag, wo hast du das Geld hingetan? Gesteh, mehr als 5 Minuten lebst Du ja doch nicht mehr!" Wolff bemühte sich mit verzweifelter, winselnder Stimme den Fall klarzulegen. (Man warf ihm vor, er habe morgens in Böchingen, als ihn ein Gendarm verhaftete, Geld versteckt)."Sag die Wahrheit, Du Schwein, wir geben Dir noch 2 Minuten Zeit!"
Wiederum winselte Wolff und versuchte sich zu rechtfertigen. Plötzlich wurde es mäuschenstill. Kurz darauf wurde tatsächlich die Leiche (was ich nicht sah, aber hörte) die Treppe hinuntergetragen.

Nach diesen Ereignissen emigrierte Paul Jeremias mit Frau und Tochter nach Mannheim. 

Die Auswanderung der drei wurde 1939 betrieben. Doch vorher haben ihn die Reichsgesetze dazu gezwungen, die in seinem Besitz befindlichen Gold-, Silber und Schmucksachen bei der Städtischen Pfandleihanstalt in Mannheim abzuliefern. 
Um das Reich verlassen zu können, wurden 25% ihres Vermögens als Judenvermögensabgabe fällig. Auch wurde der Familie eine 15 % Reichsfluchtsteuer auferlegt. Die verbliebene Habe wurde in zwei Lifte (Container) und einen Verschlag verpackt. Darin befanden sich die noch erhaltene Einrichtung des ärztlichen Ordinationszimmers und diverse Einrichtungsgegenstände wie Schlaf- und Speisezimmer und vieles andere mehr (zB. auch ein Stutzflügel von Steinway). All diese Gegenstände wurden von der Firma Transatlantico nach Rotterdam gebracht. Dort angekommen wurde alles von den deutschen Besatzern beschlagnahmt und an Ort und Stelle versteigert. Der Erlös wurde minutiös aufgelistet und an die Deutsche Revisions- und Treuhand A.G. abgeliefert. 

Endlich konnte die Familie Jeremias am 1. Noveembr 1939 mit dem Schiff "Rex" von Genua nach New York auswandern. Acht Tage später am 9. November 1939 trafen sie dort ein. Doch bereits wenige Tage später am 16. November 1939 verließ die Familie New York mit dem Schiff "Coamo" in Richtung Dominikanische Republik. Hat vielleicht etwas mit den Ausweispapieren nicht gestimmt? Oder hat sie die Werbung der DR angezogen, dort sehr gute Aufnahmebedingungen vor zu finden? 

Ein halbes Jahr hat der Aufenthalt dort gewährt. Dann erfahren wir von der neuerlichen Schiffspassage am 21. Mai 1940 nun von Ciudad Trujillo in der Dominikanischen Republik wiederum mit der Coamo zurück nach New York und ihrer Ankunft dort am 27. Mai. In den USA bürgte eine Tillie Hass Beekman für sie (dass sie dem Staat nicht auf der Tasche liegen werden).

Die Familie lebte in Manhattan und erhielt dort die US-Staatsbürgerschaft. 1942 wurde Paul Jeremias in die Armee eingezogen. Die Tochter Elisabeth heiratete und war nun eine verehelichte Katzmann.

Dr. Paul Jeremias führte in Manhattan noch 1946 eine Praxis! Er hat also nicht - wie behauptet wurde - kurz nach der Emigration in USA Selbstmord verübt, weil er die Situation nicht aushalten konnte. Vielmehr ist Dr. Paul Jeremias am 25. Juni 1950 in New York verstorben, nachdem das Leben seiner Frau Helene bereits am 7. Januar 1945 geendet hatte. 

Verwandtschaft

Ehemann von: Jeremias Helene
Vater von: Jeremias Wolfgang Martin
Vater von: Katzmann Auguste Elisabeth
Sohn von: Jeremias Benjamin
Sohn von: Jeremias Bertha
Bruder von: Jeremias Bruno Robert
Bruder von: Jeremias Kurt
Enkel von: Haas Bernhard
Enkel von: Haas Friederike

Haus

Bewohner/in: Hauptstraße 6