Becker Salomon Leo

Geburtsdatum: 27.03.1907
Geburtsort: Billigheim
Sterbedatum (Todestag): 01.07.1991
Sterbeort: USA
Wohnort(e): Billigheim, Graulhet, Frankreich, Pittsburgh

Salomon Leo Becker, wie er im Geburtsakt verzeichnet ist, war der Sohn von Jeremias Becker und dessen Ehefrau Justine Herzog aus Weingarten. Leo wuchs in Billigheim im Kreise seiner vier Geschwister auf. Er durchlief eine normale Entwicklung. Leo war gerade einmal 11 Jahre alt, als der Vater nach einem Blutsturz infolge seiner Lungenkrankheit starb.
Leos Schulleistungen in der Handelsschule Landau waren gut. Nach einer kaufmännischen Lehre zuerst im Holzhandel, dann in einer Kolonialwarenfirma, war er ein tüchtiger und geschätzter Verkäufer und Reisender. 1931 begann er zu Hause in Billigheim sein eigenes Geschäft in der Bahnhofsstraße 231 mit gutem Erfolg zu führen. Leo interessierte sich für Politik und war eingeschriebenes Mitglied der SPD.
Im März 1933 traten erste Anzeichen einer Bewusstseinsveränderung auf. Er wurde still, die Stimmung gedrückt, vernachlässigte die Essenseinnahme. Nach vier bis sechs Wochen trat dann Besserung ein. Untersuchungen ergaben, dass außer einer Steigerung der Reflexe keinen krankhaften Stimmungen der inneren Organe und der niederen nervösen Funktionen bestehen.
Nachdem Ende 1933 erneut Veränderungen und damit einhergehende Auffälligkeiten bei Leo aufgetreten waren, entschloss sich die Familie, ihn in der Psychiatrisch-Neurologischen Klinik der Uni Heidelberg untersuchen zu lassen. Ohne sein Wissen wurde Leo am 15. 11. 1933, unter der Vorspiegelung, es handle sich um die Untersuchung des Onkels, den er nur begleiten solle, in die Klinik verbracht. Dort wurde er gegen seinen Willen festgehalten.
Sich stützend auf das am 14. Juli 1933 veröffentlichte Gesetz zur Verhütung erbkranken Nachwuchses und der Diagnose manisch-depressives Irresein, wurde beim Erbgesundheitsgericht beim Amtsgericht Frankenthal Antrag auf Unfruchtbarmachung gestellt.
Die zwangsweise Unterbringung in der geschlossenen Abteilung der Uni-Klinik führte bei Leo zu heftigen Reaktionen der Empörung, was von den Ärzten wiederum als Bestätigung seines Krankheitsbildes gedeutet wurde.
Am 13. Januar 1934 wurde Leo in die Israelitische Heil- und Pflegeanstalt Sayn – Jacoby´sche Anstalt – verbracht.
Am 17. Februar 1934 berichtet Rechtsanwalt Walther Feld an das Erbgesundheitsgericht beim Amtsgericht Zweibrücken, dass laut Dr. Jacoby keine Gründe mehr für einen weiteren Verbleib Leos vorliegen. Eine Entlassung kann allerdings wegen des dort anhängenden Verfahrens noch nicht erfolgen.
Die Mutter Justine Becker stellt ans Amtsgericht Frankenthal den Antrag, die geplante Sterilisation ihres Sohnes nicht durchzuführen, da er vollständig gesund sei.
Am 15. März wird in einer nichtöffentlichen Sitzung beim Erbgesundheitsgericht Frankenthal beschlossen: der Antrag Becker wird abgewiesen, die Unfruchtbarmachung wird angeordnet, die Kosten trägt die Staatskasse.
Doch zum Vollzug des Urteils kommt es nicht, da sich Leo Becker an seinem 27. Geburtstag aus der Anstalt Sayn unerlaubt entfernt und so eines ungerechtfertigten Eingriffs erwehrt hat.
Nun wird nachgeforscht, wo Leo verblieben sein könnte. Von der Mutter war nur zu erfahren: „er wird schon nicht verloren gehen – er sei gut aufgehoben.“ Leo wird nun teilweise in Billigheim von seiner Mutter verborgen gehalten. Auch wird sein Aufenthalt im nahen Wissembourg vermutet. Es ist anzunehmen, dass Leo sich mit seinem bereits 1935 nach Frankreich ausgewanderten Bruder Ludwig und dessen Familie getroffen hat und bei ihnen untergekommen ist. Denn ihrer beider letzte Adressen vor der Emigration in die USA lautet Graulhet, 45 km nordöstlich von Toulouse. Von Marseille aus emigrierten die Brüder mit SS Guine und kamen am 16. April 1942 in New York an. Leo wohnte dann in 2358 Sherbrook Street Pittsburgh / PA. Leo stellte 1950 den Antrag auf Kompensierung. In den 70er Jahren folgten mehrere Anträge aus Sozialhilfeleistungen. Leo starb ledig am 1. Juli 1991 im Alter von 84 Jahren in den USA.