Verzeichnis

 

Roos Bernhard

Name vor der Napoleonischen Namensumschreibung von 1808: Beres Wolf
Beruf(e): Kaufmann, Gutsbesitzer, Bürgermeister
Geburtsdatum: 07.10.1796
Geburtsort: Ingenheim
Sterbedatum (Todestag): 01.11.1888
Sterbeort: Ingenheim
Wohnort(e): Ingenheim

Bernhard Roos hatte in der jüdischen Kultusgemeinde, sowie der Ortsgemeinde Ingenheim eine wichtige Stellung. 
Schon früh zum ersten Vorstand der größten Landjudengemeinde der Pfalz gewählt, behielt er dies Amt bis zu seinem Lebensende inne. Und so unterzeichnete er zusammen mit den anderen Vorstandsmitgliedern am 27. September 1827 den Kaufvertrag jenes Bauplatzes, der für den Bau der neuen Synagoge vorgesehen war. 

In der Eigenschaft als 1. Vorstand empfing Bernhard Roos im Juni 1844 den Bischof zu Speyer Nikolaus von Weis in der vollbesetzten Synagoge, als jener sich auf einer Visitationsreise befand und auf seinen ausdrücklichen Wunsch auch das jüdische Gotteshaus besuchen wollte. In der Vorhalle hielt Roos eine kurze passende Rede, welche vom Bischof auf herzliche Weise erwidert wurde. Der Bischof äußerte, wie wohl es seinem Herzen tue, alle Konfessionen hier in Ingenheim so friedlich mit und nebeneinander leben zu sehen. Er unterstrich wiederholt den Geist des Friedens, der zwischen den Konfessionen herrschte und ermahnte die Anwesenden zu fernerer Eintracht und brüderlichen Liebe. 

Mindestens seit 1833 hatte Bernhard Roos das Amt eines Gemeinderates inne. Seine Beliebtheit und sein Ansehen waren so groß, dass er im Jahr 1855 als Jude im überwiegend christlichen Umfeld mit 240 von 246 Stimmen zum Wahlmann für die Wahlen zum bayerischen Landtag gewählt wurde.
Es ist in der Pfalz wohl einmalig, dass Bernhard Roos 1869 sogar zum Bürgermeister gewählt wurde und dieses Amt bis 1884 ausübte. "Das Amt eines Gemeinderates oder das eines Geschworenen stand den jüdischen Pfälzern zwar seit Beginn der bayerischen Herrschaft offen, doch erst bei der Übertragung der Amtsgewalt zeigte sich der Grad der wirklich erreichten Gleichstellung der jüdischen Bürger im öffentlichen Leben. Die kommunalpolitische Karriere von Bernhard Roos ist auch für pfälzische Verhältnisse sehr bemerkenswert, zumal die Übertragung des Bürgermeisteramtes eine Vertrauenssache war, da mit dieser Tätigkeit die Eigenschaft eines Standesbeamten und gewisse strafrichterliche Funktionen verbunden waren." (aus: Jüdische Lebensgeschichte aus der Pfalz, Elke Back-Schück: Simon Levi S. 137).

In der Zeitschrift "Der Israelit" vom 25. Mai 1870 wird in einem längeren Artikel über die Verhältnisse in der Pfalz folgendes berichtet: "In dem nahen Ingenheim ist sogar, und dies ist vielleicht der einzige Fall in Deutschland, ein Israelit und zwar ein streng gläubiger, frommer Jehudi, Herr B. Roos als  Bürgermeister gewählt und genehmigt worden, und genießt derselbe durch pünktliche und gerechte Verwaltung seines Amtes in hohem Grade die Achtung seiner Gemeinde und Vorgesetzen."

Über eine Auszeichnung für Bürgermeister Roos im Jahr 1883 schreibt die "Allgemeinde Zeitung des Judentums" vom 27. März 1883:
"Dem Bürgermeister Bernhard Roos von Ingenheim wurde in Anerkennung seines langjährigen pflichttreuen Wirkens im Gemeindedienste das silberne Ehrenzeichen des Verdienstordens der bayerischen Krone verliehen. Der dekorierte Bernhard Roos zählt hinsichtlich seiner unerschütterlichen religiösen Grundsätze zu denjenigen Männern, welche heutzutage leider immer seltener werden; derselbe ist seit mindestens 40 Jahren Vorstand der israelitischen Kultusgemeinde zu Ingenheim und seit 1869 Bürgermeister der Gemeinde Ingenheim. Er ist jetzt fast 90 Jahre alt."

Am 01. November 1888 ist Bernhard Roos im hohen Alter von 92 Jahren in seiner Heimatgemeinde verstorben und auf dem hiesigen Friedhof neben seiner Ehefrau Sara Mayer und weiteren Familienmitgliedern beerdigt worden.
Heute sind leider nur noch das Unterteil und das Kapitell des Grabsteins vorhanden. Es ist anzunehmen, dass bei der Friedhofsschändung 1939 das Mittelteil mit der Inschrift zerstört wurde, da es in den Augen der Nationalsozialisten eine Schande war, dass jemals ein Jude ein solch wichtiges Amt bekleidet hatte. 


Am 24. Oktober 1796 wurde Beres Wolff, nach der Napoleonischen Namensumschreibung von 1808 Bernhard Roos genannt, in Ingenheim geboren.
Wer seine Eltern waren, ist schwer festzustellen. Denn die Großeltern Benjamin Roos und Sprintz Levi hatten zwei Söhne mit Namen Salomon: Salomon der Alte (geb. um 1763 in Ingenheim, gest. 13. März 1835) war verheiratet mit Esther Adler (geb-. um 1761 in Heuchelheim, gest. 31. März 1845), Tochter von Israel Adler und Regina Moses, beide aus Heuchelheim. Der zweite war Salomon der Mittlere (geb. um 1766 in Ingenheim, gest. 17. Juni 1834). Auch er war verheiratet mit einer Esther Adler (geb. um 1777 in Heuchelheim, gest. 7. September 1831), die zwar denselben Vater (Israel Adler) hatte, jener aber zu der Zeit mit seiner ersten Frau Jette Reilinger verheiratet war. Eine genaue Klärung ist zum gegenwärtigen Informationsstand kaum möglich.

Bernhard wuchs in Ingenheim zusammen mit seinen Geschwistern Sara, verh. Auscher (geb. 1792 in Ingenheim, gest. 29. Juli 1872), Rachel, verh. Blum (geb. 03. März 1795 in Ingenheim, gest. 12. Februar 1881), Salomon (geb. 01. Januuar 1796 in Ingenheim, gest. 01.Januar 1888), und Isaak (geb. 30. Juni 1804 in Ingenheim, gest. 03. Dezember 1884) in einem wohlsituierten Elternhaus auf. Er übte seinen Beruf als Kaufmann und Gutsbesitzer aus.

Bereits mit 19 Jahren heiratete Bernhard am 13. April 1815 die am 15. Februar 1800 in Niederhochstadt geborene Sara Mayer, die beide, da noch minderjährig, die Zustimmung der Eltern bedurften. Als Trauzeugen fungierten Simon Kauffmann, 45 Jahre alt, Abraham Feith, 42 Jahre alt, Gabriel Altschul (Zeuge der Braut und 39 Jahre alt), sowie Max Altschul (ebenfalls Zeuge der Braut und 30 Jahre alt).

Acht Kinder gingen aus der Ehe hervor:

Eduard Roos (geb. 20. März 1819 in Ingenheim) – er heiratete am 14. Mai 1840 Rosina, geb. Auscher (geb. 17. September 1817 in Lauterburg, gest. 13. April 1873 in Ingenheim). Eduard starb am 13. April 1873 in Ingenheim.

Barbara Roos (geb. 29. Juli 1821 in Ingenheim) heiratete am 09. November 1840 den Gutsbesitzer Jonathan Blum. Er war der Sohn der Tante von Barbara, Rachel Roos (geb. 27. Dezember 1818 in Ingenheim, gest. 17. Dezember 1881 in Ingenheim). Barbara starb am 24. März 1907 in Ingenheim.

Julia Roos (geb. 10. Oktober 1823 in Ingenheim) war in Lauterburg verheiratet mit Samuel Auscher (geb. 1819, gest. 1889 in Lauterburg) - Bruder von Rosina Auscher. Julia verstarb am 25. November 1904 in Lauterburg.

Fanny, Franziska Roos (geb. 15. Februar 1826 in Ingenheim) heiratete am 12. September 1848 in Landau / Pfalz den Weinhändler und Politiker Simon Levi (geb. 1817, gest. 1900). Fanny starb am 03.Januar 1880 in Landau und wurde dort auch begraben.

Regina Roos (geb. 13. Juni 1828 in Ingenheim) heiratete am 25. Oktober 1852 den Schuhfabrikanten Alfred G. Picard aus Paris. Regina verstarb am 21. März 1912 in Ingenheim, nachdem sie nach dem Tode ihres Mannes hierher zurückgekehrt war, um den Nachlass ihres verstorbenen Vaters Bernhard zu regeln. 

Rosalia Roos (geb. 19. Dezember 1830 in Ingenheim) war verheiratet mit dem Weinhändler Maximilian II. Mayer (geb. 05.11.1825 Düsseldorf - gest. 13.04.1868 in Mainz). Rosalia verstarb am 27. Januar 1901 in Mainz.

Benjamin Roos (geb. 19. April 1833 in Ingenheim) heiratete am 25. Mai 1857 in Frankfurt / M Jeanette Wallach (geb. 1827, gest. 1867 ?).Danach heiratete Benjamin am 16. Nove,ber 1868 in Frankfurt / M Therese Hirsch. Benjamin verstarb am 06. Juni 1890 in Frankfurt / M.

Salomon Roos (geb. 14. Mai 1835 in Ingenheim), verheiratet am 14. Januar 1862 in Mainz mit Fanny Frank (geb. 12.08.1840 Ober-Ingelheim, gest. 20.12.1922 in Frankfurt / M). Salomon könnte 1882 in Frankfurt / M gestorben sein. Dann wären beide auf dem alten jüdischen Friedhof in Frankfurt / M bestattet.

Verwandtschaft

Ehemann von: Roos Sara
Vater von: Picard Regina
Vater von: Auscher Julia
Vater von: Mayer Rosalia
Vater von: Blum Barbara
Vater von: Roos Eduard
Vater von: Roos Benjamin
Vater von: Roos Salomon
Vater von: Levi Fanny

Haus

Bewohner/in: Hauptstraße 36a
Bewohner/in: Klingenerstraße 4

Grab

2 09 06