Verzeichnis

 

Dreyfuß Hermine

Mädchenname: Braun
Geburtsdatum: 20.10.1871
Geburtsort: Essingen
Sterbedatum (Todestag): 30.07.1940
Sterbeort: Grafeneck
Wohnort(e): Essingen, Bad Bergzabern

Hermine Dreyfuß (geb. Braun) war die Tochter von Benedikt, genannt David, Braun, Handelsmann aus Essingen (geb. 27.Juli 1839 in Essingen, gest. 25.Juni.1905 in Essingen) und seiner Ehefrau Amalia (geb. Scharff) (geb. 12.März.1844 in Kleinfischlingen, gest. 21.Juli 1929 in Essingen).
Hermine kam als 2. Kind der Eheleute am 20. Oktober 1871 in Essingen zur Welt. Sie wuchs in einer gut bürgerlichen Familie behütet und im Glauben verwurzelt im Kreise ihrer sechs Geschwister auf. (Siegfried Braun geb. 20. Januar 1870 in Essingen – Ludwig Braun geb. 27. Mai 1873 in Essingen, Bäcker, ausgewandert in die USA (Bay-City in Texas) und wurde amerikanischer Staatsbürger, verheiratet mit Alma Brown und Lina Baruch. Ludwig kam 1929 zurück nach Deutschland (zu Besuch oder als Rückwanderer), gest. 13. August 1929 in Essingen. – Flora Rosenfeld, (geb. Braun) geb. 10. August 1874 in Essingen, gest. 13. September 1936 in Essingen. – Laura Dreyfuß (geb. Braun) geb. 20. August 1876 in Essingen verheiratet mit Moritz Dreyfuß, wohnhaft in Wupperthal-Elberfeld, Königstraße 114, emigriert nach Belgien wurde Laura ab Mechelen (Malines) nach Auschwitz deportiert, dort gest. 10. Oktober 1942. – Armanda Eichengrün (geb. Braun) geb. 02. April 1878 in Essingen verheiratet mit Robert Eichengrün, gest. 28. Juni 1942 in Wupperthal. – Julie Eichengrün (geb. Braun) geb. 22. Juli 1889 in Essingen, deportiert ab Hamburg, am 25. Oktober 1941 im Ghetto Litzmannstadt (Lodz) / Polen, am 05. Mai 1942 mit unbekanntem Ziel weiter deportiert.)

Hermine besuchte nach der Volksschule in Essingen mit Erfolg die Töchterschule. Ihre Entwicklung verlief völlig normal. Eine besondere Vorliebe hatte sie für Bücher, die sie geradezu verschlang und so sehr belesen war.

Am 29 August 1894 heiratete sie in Essingen den gebürtigen Ingenheimer Bäcker Ludwig Dreyfuß. Aus der Ehe gingen drei gesunde Kinder hervor: Dr. Heinrich (Henry) Dreyfuß, geb. 17. Oktober 1895 in Bad Bergzabern, Facharzt für innere Krankheiten in Mannheim R 1,15, ausgewandert in die USA 1936 (?) dort gest. 00.September 1969 in Poughkeepsie. – Friedrich Dreyfuß, geb. 27.November 1898 in Bad Bergzabern, gest. an Meningitis am 16.Juni 1917 in Mesieres Frankreich. – Dr. Karl-Daniel Dreyfuß, geb. 12.September 1905 in Bad Bergzabern, Dr. Nervous Diseases Psychoanalysis, ausgewandert 1934 nach Jerusalem, dort verheiratet 1937 mit Gertrude Ruth (geb. Zweig), gest. 26. September 1949 in Haifa.

In Bergzabern stand Hermine ihre Frau im gemeinsamen Geschäft in der Königstraße, einer Bäckerei verbunden mit einem Landesprodukten-, Samen- und Spezereiwarenhandel. Somit hatten die Eheleute ein gutes Auskommen.

Mit Beginn des 1. Weltkrieges zeigten sich bei Hermine erste psychische Veränderungen bedingt durch die Aufregungen, die der Tod einiger Kameraden ihrer Söhne im „Feld der Ehre“ ausgelöst hatte. Die Angst um die eigenen Söhne und die Erfahrungen der schrecklichen Kriegsereignisse lösten so manche Attacken in ihr aus und deuteten bereits eine tiefgreifende Krankheit an. Mit dem Tod ihres Sohnes Friedrich am 16. Juni 1917, der in Mesieres im Militärlazarett an Meningitis verstarb, trat die Krankheit dann vollends aus ihr heraus. Depressionen wechselten mit Erregungszuständen. In ihrem Mann Ludwig hatte sie in dieser Zeit einen Menschen an der Seite, der sehr viel psychologisches Einfühlungsvermögen besass. Dennoch wurde eine Unterbringung im Frühjahr 1918 für drei Monate in die Herz`sche Privatheilanstalt in Bonn notwendig, ohne dass sich eine Besserung einstellte. Danach konnte sie dennoch für ein Jahr im Bergzaberner Bäckereigeschäft ihre Kunden bedienen.

Zwischen 1919 und 1939 war Hermine Dreyfuß öfters ambulant und stationär psychiatrisch betreut. Letzter bekannter Klinikaufenthalt war 1939 an der Heil- und Pflege-Anstalt in Klingenmünster

Als am 10.September 1939 die Anstalt in Klingenmünster geräumt wurde, um den einziehenden Soldaten zum Schutz des Westwalls Platz zu schaffen, wurde Hermine Dreyfuß zusammen mit anderen Patienten in die Heil- und Pflegeanstalt Günzburg überführt. Von dort erfolgte am 05. Juli 1940 ein Weitertransport in die Württembergische Heilanstalt Zwiefalten. Zwischenzeitlich haben die Cousine Frau Frieda Beissinger, geb. Scharff aus Speyer, Hauptstr. 68, Schwester Armanda Eichengrün aus Wupperthal und andere vergeblich nachzuforschen versucht, wo Hermine Dreyfuß abgeblieben wäre, da Post und ihr zugedachte Pakete als unzustellbar zurückkamen. Als Antwort erhielten sie von Klingenmünster aus jeweils, sie mögen sich an die letzte bekannte Adresse wenden und dorthin auch die Pakete schicken.

Dank der deutschen akribischen Bürokratie wurden die finanziellen Dinge, die mit der Unterbringung von Hermine Dreyfuß in den verschiedenen Anstalten zu tun hatten, alle äußerst korrekt abgewickelt. Beim Vollzug der V.O. über den Einsatz des jüdischen Vermögens wurde durch den vom Amtsgericht bestellten Pfleger Jakob Frank aus Regensburg für die Jüdin Hermine Dreyfuß ihr und ihrer Schwester gehörender landwirtschaftliche Grundbesitz in der Steuergemeinde Essingen durch den Vertreter der Bayerischen Bauernsiedlung G.m.b.H. München an selbige Einrichtung verkauft.

Am 30. Juli 1940 wurde Hermine Dreyfuß von Zwiefalten aus in eine Reichsanstalt (Grafeneck) überführt und ist damit für den Landesfürsorgeverband Pfalz aus seiner Zuständigkeit ausgeschieden. Hier wurde Hermine Dreyfuß wohl noch am selben Tag der T4 „Aktion Gnadentod“ unterzogen und so ihrem bewegten Leben ein mörderisches Ende gesetzt. Eine Anfrage von Schwester Armanda Eichengrün vom 11. November 1940, in der sie beklagt, dass seit Zwiefalten jede Verbleibsnachricht fehle, wurde von Klingenmünster aus mit dem Hinweis beantwortet: sie möge ihre Anfragen an Zwiefalten richten.

Dass der gewaltsame Tod von Hermine Dreyfuß schon Monate zurücklag, war noch nicht an alle Ämter durchgedrungen. Denn am 17. September 1941 fragt das Amtsgericht-Vormundschaftsgericht Landau in der Direktion der Heil- und Pflegeanstalt Klingenmünster nach, wer denn die Kosten der Unterbringung in jener Anstalt innerhalb Deutschlands bezahlt, wohin Hermine Dreyfuß untergebracht sei.

Als noch im Mai 1941 von der Bezirksstelle Pfalz des Reichsverbandes der Juden in Deutschland, Ludwigshafen / Rhein Ausstattungsversorgungskosten in Höhe von M 50 monatlich für Hermine Dreyfuß in Klingenmünster eingegangen waren, sollten diese zurücküberwiesen werden – aber das Konto des Reichsverbandes war bereits erloschen.

Der Enkel Dr. Uriel Dreyfuß in Haifa wohnhaft hat auf die noch freie rechte Seite des Grabsteins seines Großvaters Ludwig Dreyfuß während seines Besuches in Ingenheim 2014 in Auftrag gegeben, hier seiner ermordeten Großmutter ein würdiges Gedenken zu geben. So lesen wir heute auf dem jüdischen Friedhof in Ingenheim: „In Erinnerung an Hermine Dreyfuß, geb. Braun 1871 – 1940“. Auch hat er die Namen seines Vaters Karl-Daniel und seiner beiden Onkel in die Erinnerung mit eingebunden und auf dem Grabstein eingravieren lassen.
 

Verwandtschaft

Ehefrau von: Dreyfuß Ludwig
Mutter von: Dreyfuß Friedrich
Mutter von: Dreyfuß Karl Daniel
Mutter von: Dreyfuß Heinrich
Tochter von: Braun Amalia
Tochter von: Braun Benedikt
Schwester von: Dreyfuß Laura
Schwester von: Rosenfeld Flora
Schwester von: Eichengrün Armanda
Schwester von: Braun Ludwig
Schwester von: Eichengrün Julie
Schwester von: Braun Siegfried

Grab

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