im 19. Jahrhundert

Im 19. Jahrhundert rollte eine Auswanderungswelle nach der anderen von der Pfalz hinaus in die Welt. Nach einer Klimakatastrophe 1817, bei der wichtiges Ackerland durch die überflutenden Hochwasser des Rheins zerstört wurde und nach überstrengen Wintern (1816, 1830, 1846, 1880), in deren Gefolge sich Missernten mehrten, machte sich Armut unter der Bevölkerung breit, in deren Gefolge viele ihr Heil in der Flucht nach Übersee suchten. Hinzu kam, dass die fruchtbaren Gegenden durch eine immer stärker werdende Bevölkerungsdichte und dadurch auch einer immer weiteren Parzellierungen, die vielen Menschen nicht mehr ernähren konnten. Zu viele Arbeitskräfte strömten auf den Markt und so waren bald die Gewerbe hoffnungslos überfüllt.

Ansicht der Ingenheimer Haupstraße

Auch bedeutete der Anbau von Wein als spezieller Kulturpflanze die Abhängigkeit der Produzenten vom Markt. Durch den Anschluss der Pfalz an Bayern wurden Absatzmärkte bei den ehemaligen französischen Herren gekappt. Schlechte Verbindungen nach Bayern und bedrückend hohe Zölle taten das ihre dazu. So machten striefe Verordnungen das Leben schwer.

Für die ansässigen Juden bedeutenden die sie einschränkenden Gesetze zwischen 1843 und 1848 eine enorme Belastung. Die immer wieder verschobene bürgerliche Gleichstellung der Juden, in deren Schatten sich gesellschaftliche Diskriminierung, Feindseligkeiten und soziale Benachteiligungen breit machen konnten, nährte die Bereitschaft, dem Entschluss zur Auswanderung auch die Tat folgen zu lassen.

(Sicherlich spielte für manche auch eine Rolle, dass man sich auf diese Weise dem Wehrdienst entziehen konnte, denn einen Ersatzmann zu stellen konnten sich die wenigsten leisten. Oder man nahm die Gelegenheit beim Schopf durch Auswanderung Alimentenzahlungen zu entkommen, zerrüttete Familienverhältnisse zu verlassen oder sich einer Gefängnisstrafe zu entziehen, sollte man etwas auf dem Kerbholz haben!)

Die lange Tradition der Auswanderungsbewegung zwischen der Pfalz und Amerika ermutigte viele (sozusagen im Nachahmungseffekt) die Ausreise zu organisieren. Einen großen Anreiz bildeten durchaus positive Presseberichte und bestärkende Briefe von ausgewanderten Angehörigen, in denen das "gelobte Land Amerika" mit der Aussicht auf Arbeit und gute Löhne, eben nach amerikanischen Verhältnissen, in hellen Farben beschrieben und damit umworben wurde.

So kam es, dass die Zahl der Juden in Ingenheim vom Höchststand im Jahr 1856 mit 619 im Jahr 1900 auf unter 200 gesunken ist.